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05.11.2017 – Kein Bandscheibenvorfall gleicht dem anderen

 

Jeder Bandscheibenvorfall hat einen eigenen Befund, jeder Fall ist individuell gelagert. Verallgemeinerungen sind wenig hilfreich und werden dem einzelnen Patienten nicht gerecht. Auch Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit einer Behandlungsmethode sind nur bedingt aussagekräftig, da hierzu Gruppen von Patienten gebildet werden müssen, denen man Gleichheit unterstellt. Aussagen wie „Ein Bandscheibenvorfall muss nicht operiert werden“, „Einen Bandscheibenvorfall verschwindet von allein“ oder „Durch Kräftigungstherapie kann ein Bandscheiben Operation vermieden werden“ sind irreführend. Sie suggerieren dem Patienten einerseits eine Mitschuld am fehlenden Behandlungserfolg, lassen ihn ggf. Behandlungsfehler vermuten und einen Arzt, der eine Operation empfiehlt zwielichtig erscheinen.

Tatsächlich ist der menschliche Organismus oft in der Lage, einen Bandscheibenvorfall abzubauen, so dass dieser nach einiger Zeit tatsächlich nicht mehr vorhanden oder kleiner ist – aber eben nicht immer. Ob dies geschieht oder nicht, ob er bleibt wie er ist oder sogar größer wird, kann durch Maßnahmen, die allein auf die Muskulatur, Kraft, Haltung und Beweglichkeit abzielen nicht maßgeblich beeinflusst werden. Eine allgemeine prozentuale Angabe der Wahrscheinlichkeit entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Vielmehr ist der Verlauf eines frischen Bandscheibenvorfalls von derart vielen individuell unterschiedlich gelagerten Faktoren bestimmt, dass dem einzelnen Patienten vernünftigerweise erklärt werden muss, das nicht das Vorhandensein eines Bandscheibenvorfalls als solcher, sondern das Abklingen der klinischen Symptomatik für ihn entscheidend ist.

Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die weitaus meisten Bandscheibenvorfälle asymptomatisch sind, d.h. gar keine Beschwerden verursachen. Ziel der Behandlung ist daher in erster Linie das Verschwinden der Symptomatik und nicht primär des Bandscheibenvorfalls. Verspannte Muskulatur hat einen grossen Anteil an den Beschwerden. Diesbezüglich wirkt Physiotherapie und vor allem Aktivität, d. h. Bewegung, Gymnastik oder Schwimmen. Aber auch ergänzende passive Behandlung ist von Vorteil, insbesondere die Manuelle Therapie (Osteopathie, Choirotherapie, etc…) und die physikalische Therapie. Mit Computer-gestützter Distraktion kann kurzfristige Erleichterung beim Hexenschuß erzielt werden, durch tägliche Anwendung als Kur auch anhaltende Besserung.

Tritonliege

Anwendung der computergestützten Traktionstherapie bei einer Patientin

 

Die Schmerzen tief im Kreuz und in den Beinen sind oft aber eine direkte Folge einer Entzündungsreaktion auf den Bandscheibenvorfall. Dieser wirkt als ein Fremdkörper und reizt die umgebenden Nerven. Deren Funktionen können dadurch teilweise oder ganz ausfallen. Entzündungshemmende Medikamente helfen dann bis zu einem gewissen Grad. Beruhigende Spritzen unter CT-Kontrolle direkt an den Ort des Geschehens sind effektiver, da sie die die gereizten Nerven zum Abschwellen bringen (PRT-Periradikuläre Therapie). Gelingt es dem Körper aber nicht, den Bandscheibenvorfall allmählich abzubauen, kann es immer wieder zu Beschwerden kommen, oder können diese anhalten.

 

 

Nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnisse ist allein die Injektion von bestimmten Enzymen, also biologisch wirksamen Substanzen, erfolgversprechend hinsichtlich der Beeinflussung von Konsistenz und Existenz eines Bandscheibenvorfalls. Durch Injektion hoher Dosen in den Spinalkanal im Rahmen einer PDA (Peridurale Anaesthesie) werden die körpereigenen Mechanismen unterstützt und molekulare Bindungen zwischen den Bindegewebsfasern des Vorfalls chemisch gespalten. Der Vorfall wird dadurch etwas weicher und geht idealerweise in den Monaten danach zurück.

Wenn trotz derart intensivierter Behandlung keine entscheidende Besserung zu erzielen ist, kommt als weitere Alternative zur mikrochirurgischen Entfernung des Vorfalls die Eigenblut-Behandlung in frage. Nach Gewinnung körpereigener biochemisch aktiver Abwehrstoffe aus dem Blut des Patienten erfolgt deren Konzentration im Serum. Dessen Injektion greift in einen anhaltenden Entzündungsprozess beruhigend ein.

Trotz aller begreiflichen Ängste bleibt die mikrochirurgische Entfernung eines Bandscheibenvorfalls eine adäquate und empfehlenswerte Alternative. Für viele Menschen stellt sie die einzig vernünftige Lösung eines grossen Problems dar und sollte daher nicht verteufelt werden. Die moderne Technik, OP-Mkroskop und miniaturisierte Instrumente ermöglichen sehr schonende und sichere Operationen auf kleinstem Raum. Häufig befürchtete Lähmungen durch Verletzung von Nerven sind äusserst selten.

Die wichtigste Komplikation aber ist das Rezidiv, d. h. das erneute Auftreten eines Vorfalls. Dabei quellen Teile des relativ weichen Kerns der Bandscheibe erneut durch dasselbe Loch im Faserring hervor. Bei besonders grossen Vorfällen ist der Defekt und damit das Risiko entsprechend höher. Durch ein modernes Implantat kann der Defekt verschlossen und ein Rezidiv verhindert werden. Qualitativ hochwertige Studien weisen überzeugend die Wirksamkeit dieser neuartigen Methode nach.

 

Erfahren Sie hier mehr zu Bandscheibenvorfällen im Bandscheiben FAQ.